Guten Flug!
Vielleicht hast Du schon die eine oder andere Heilsitzung erlebt und weißt, wie das wirkt. Oder Du hast eine gesunde Skepsis und diverse Fragezeichen, weil das alles irgendwie komisch und esoterisch klingt.
In dieser Woche ist mir etwas passiert, das anschaulich zeigt, wofür Heilmethoden wie ThetaHealing® gut sind, welche Macht tiefsitzende Erfahrungen unbewusst über unser Leben haben und wie sich das ändern lässt. Es ist kein Hexenwerk.
Kurz vor Weihnachten flatterte eine „Save the Date“-Nachricht von einer guten Freundin aus den USA in mein E-Mail-Postfach. Ich erfuhr, dass sie im Mai in Ohio heiratet. Ich habe mich riesig gefreut und für mich war sofort klar: Da bin ich dabei!
In die Freude mischte sich aber auch gleich ein mulmiges Gefühl, als ich an den Flug dachte. Eigentlich habe ich keine Flugangst, aber wenn ich alleine irgendwohin fliege, ist es immer ein bisschen stressig. In Begleitung ist alles gut. Ich habe nie wirklich herausgefunden, woran das liegt. Wenn man selten fliegt, ist es ja auch kein großes Problem. Also schob ich die gemischten Gefühle beiseite, konzentrierte mich auf die Reiseplanung und sortierte die Termine. Diese Woche habe ich dann trotz innerer Widerstände Nägel mit Köpfen gemacht und gebucht. Danach ging es mir zunächst eher bescheiden. Schon das Lufthansa-Logo auf der Buchungsbestätigung machte mich nervös.
So kann es nicht weitergehen, dachte ich mir, ich will mich doch auf die Reise freuen! Also setzte ich mich auf mein Sofa und verordnete mir eine Heilsitzung: Mit einer kleinen Visualisierungsübung versetzte ich mich in den entspannten Theta-Gehirnzustand, in dem das Unterbewusstsein „offen“ ist und man mit etwas Übung Zugang zu unbewussten Erfahrungen, Emotionen, Mustern und Glaubenssätzen bekommt. Dann ging ich in mich und fragte mich, woher der Stress beim Fliegen kommt. Es dauerte nicht lange, bis sich der Schleier lüftete.
Ein Erlebnis, das ich längst vergessen oder verdrängt hatte, kam wieder hoch: Als ich fünf Jahre alt war, sollte ich zwei Wochen bei einer lieben Tante in der Nähe von Frankfurt verbringen, deren Sohn gerade ein halbes Jahr alt war. Da mein Vater zufällig einen beruflichen Termin in Frankfurt hatte und dafür interessanterweise die kurze Strecke von Stuttgart nach Frankfurt flog, nahm er mich kurzerhand mit. An diesen Flug kann ich mich nicht erinnern. Aber ich erinnere mich an zwei wunderschöne, schneereiche Wochen bei Tante und Onkel und meinem Baby-Cousin.
Das entscheidende Ereignis war aber der Rückflug mit dem „Lufthansa-Rotkäppchen-Service“. Meine Tante brachte mich zum Lufthansa-Schalter in Frankfurt. Dort wurde ich, glaube ich, von einer Flugbegleiterin in Empfang genommen. Ich bekam eine orangefarbene Plastiktasche mit meiner Bordkarte umgehängt und wurde durch die verschiedenen Wartebereiche geschleust, musste immer wieder irgendwo sitzen in diesem riesigen, überwältigenden Flughafen und gefühlte Ewigkeiten warten. Lesen konnte ich noch nicht. Ich wurde ins Flugzeug gebracht und nach der Landung wieder hinausbegleitet.
Insgesamt verbinde ich damit große Anspannung und Stress. Ein Gefühl von Kälte und Verlassenheit in einem Flugzeug voller fremder Geschäftsleute, die in meiner Erinnerung zum größten Teil den ganzen Flug über mit ernster Miene rauchten (ja, so lange ist das her!) – ein bisschen wie die „grauen Herren“ in Momo. Niemand sprach mit mir oder kümmerte sich um mich. Ich fühlte mich in eine unpersönliche, technische und kalte Erwachsenenwelt geworfen, physisch und emotional getrennt von meiner Familie und mit der ganzen Sache überfordert.
Als ich das alles dieser Tage vor meinem inneren Auge sah, wunderte mich nichts mehr. Denn gerade die Emotionen und Erlebnisse der ersten sieben Lebensjahre formen und prägen uns sehr stark und können ein Leben lang weiterwirken, auch wenn wir aus diesen kindlichen Erlebnissen längst herausgewachsen sind.
Wenn wir mit dem Unterbewusstsein arbeiten, reicht es oft schon aus, sich den Ursprung eines Themas bewusst zu machen, um Heilung in Gang zu setzen. Und dann kann man tiefer hineingehen und ganz gezielt nachforschen: Wie bin ich damals mit der Situation umgegangen? Was habe ich gelernt? Welche negativen Emotionen habe ich gespeichert und was für Situationen triggern diese Emotionen heute? Welche Vermeidungsstrategien und Glaubenssätze habe ich damals entwickelt, die mich noch heute irgendwie fernsteuern? Und was habe ich vielleicht auch Positives aus der Situation mitgenommen?
Vermutlich habe ich damals auch ein bisschen „dissoziiert”. In der Psychologie ist man sich inzwischen einig, dass fast jeder Mensch in Stresssituationen dissoziiert, das heißt, dass man seine Gefühle, Gedanken, Sinneseindrücke und Handlungen ein Stück weit als von der eigenen Person „getrennt“ erlebt. Dissoziation ist ein Schutzmechanismus, um die Psyche vor Belastungen zu schützen. Eine leichte Dissoziation ist normal und unterscheidet sich von starken dissoziativen Symptomen, die z. B. durch extreme Traumata wie einen schweren Unfall oder Gewalterfahrungen entstehen.
Ich konnte meine kindliche „Rotkäppchen“-Episode bei meiner Sitzung gut bearbeiten. Es ging tief. Und wenn man solche tiefsitzenden Dinge löst, kommt oft das ganze Körper-Geist-System in Bewegung; diese Veränderungen können sich ganz konkret auf die Körperchemie, die Wahrnehmung und verschiedene Lebensbereiche auswirken. Danach fühlte ich mich einen Tag lang etwas empfindlich und unkonzentriert. Das ist normal. Nach der zweiten Nacht kam die große Ruhe – auch beim Gedanken ans Fliegen.
Ich werde mir das Thema in den nächsten Wochen sicher noch ein paar Mal aus verschiedenen Blickwinkeln angucken. Diese Dinge sind oft vielschichtig… und ich bin wirklich froh!
War es also falsch von meinen Eltern, mich per Rotkäppchen-Service in die businessmäßige Erwachsenenwelt zu expedieren? Ich glaube nicht. Sie haben mir eine schöne Reise ermöglicht, es gut gemeint und es mir zugetraut. Wir wissen, dass die Erwachsenenwelt nicht immer auf die Befindlichkeiten von Kindern eingestellt ist – und damals sicher deutlich weniger noch als heute. Wie solche Erlebnisse Kinder emotional prägen, können Erwachsene oft nicht einschätzen, und es ist auch schwer zu beurteilen; schließlich ist jedes Kind anders.
Sicherlich habe ich durch die Reise auch viel gelernt. Jedenfalls trug ich am nächsten Tag stolz meine orangefarbene Lufthansa-Umhängetasche in den Kindergarten, obwohl sie eigentlich für Reisedokumente und nicht für ein Butterbrot gedacht war und dementsprechend flach ausfiel. Aber das plattgequetschte Butterbrot nahm ich in Kauf.
Kurz vor der Reise hatte die Kindergärtnerin zu meiner Mutter gesagt, sie sei sich nicht sicher, ob ich schon schulreif sei. Nach der Reise fragte sie meine Mutter, was denn in den zwei Wochen passiert sei, ich sei jetzt definitiv schulreif, es sei ganz erstaunlich.
Dieses Erlebnis und die Schwierigkeiten mit dem Fliegen haben mich auch nicht davon abgehalten, eine Weltenbummlerin zu werden, in verschiedenen Ländern zu studieren und zu leben – oder Hochzeiten jenseits des großen Teichs zu besuchen. Ganz im Gegenteil. Denn ich habe auch erfahren, dass sich das Reisen lohnt, wenn am anderen Ende nette Menschen und spannende Erlebnisse warten. Und ab jetzt wird hoffentlich auch die An- und Abreise leichter und unbeschwerter.
Was ich Dir damit sagen will: Bleib dran! Denn wenn Dich bestimmte Menschen, Perspektiven oder Situationen triggern oder belasten – und das vielleicht regelmäßig und immer wieder – dann lohnt es sich auf jeden Fall, genauer hinzugucken und Muster zu verändern. Denn am Ende gilt: Entspannt durchs Leben zu reisen ist möglich!
Übrigens: Der „Rotkäppchen-Service“ heißt neuerdings „Betreuungsservice“. Ob wohl jemandem aufgefallen ist, dass die Assoziation mit dem kleinen Mädchen, das allein auf die Reise geschickt und vom bösen Wolf gefressen wird, ein wenig bizarr ist?